Samstag, Juli 07, 2007

Kleine Einfuehrung in die Bedeutung des Haendewaschens im Judentum

B"H

Das Haendewaschen nimmt im Judentum eine zentrale Rolle ein. Es ist halachisch vorgeschrieben und so alltaeglich, dass es kaum mehr auffaellt. Man tut es ganz einfach, ohne gross zu fragen und ohne es zu vergessen. Fuer orthodoxe Juden ist es ganz normal, nach dem Aufstehen, vor dem Essen, vor dem Gebet, nach dem Toilettengang oder dem Besuch eines Friedhofes die Haende gewaschen werden.

Viele Leute fragen mich, wie wir uns nur immer an all jene Gesetze erinnern koennen. Sei das denn nicht alles zuviel, denn da steige ja kein Mensch mehr durch. Ich kann darauf nur antworten, dass jemand, der die Gesetze einhaelt, sich unglaublich schnell daran gewoehnt. Nach einigen Wochen geht alles wie von selbst. Das Haendewaschen ist eines der einfacheren Halachot, aber mit immenser Bedeutung.

Gleich nach dem morgentlichen Aufstehen waschen wir uns sofort als erstes die Haende. Der Kitzur Shulchan Aruch (Code of Jewish Law) erklaert uns, dass wir jeden Morgen als neue Schoepfung, die ihrem G - tt dienen will, anzusehen sind. Genauso wie die Cohanim (Tempelpriester) jeden Morgen vor dem Service ihre Haende wuschen.

Ein weiterer Grund ist halachisch, kabbalistisch und ebenso talmudisch verankert. Sobald wir schlafen, steigt unsere Seele auf zu G - tt und unser Koerper faellt damit in einen Zustand des Todes. In dem Zustand ist der Koerper unrein (tameh). In dem Moment, in dem der Mensch erwacht, ist sein Koerper unverzueglich wieder als rein (tahor) anzusehen. Der gesamte Koerper ausser den Fingern. Zur Reinigung schreibt der Kitzur Shulchan Aruch vor, dass jede Hand dreimal mit Wasser gewaschen werden muss.

Zu dem Zweck gibt es in jedem religioesen Haushalt ein spezielles Gefaess, welches Natlah genannt wird. Bei dem Natlah handelt es sich um eine Art groessere Tasse mit einem oder zwei Henkeln. Wir fuellen es mit Wasser und waschen damit unsere Haende dreimal rechts und dreimal links oder umgekehrt. Jeder nach seinem individuellen Brauch (Minhag). Aus kabbalistischen Gruenden sollte die rechte Hand zuerst gewaschen werden, denn sie representiert Guete (Chesed).

Vor dem Brotessen oder nach dem Toilettengang machen wir das gleiche. Auch bei solchen Gelegenheiten ist manchmal vorgeschrieben, wie oft wir das Natlah ueber jede Hand halten sollten, doch kenne ich viele Leute, die das nach ihrem eigenen Brauch machen. Manchmal 2x oder 3x.
Vor dem Brotessen und nach dem Toilettengang gilt eine Ausnahmeregelung, denn beiden Handlungen werden bestimmte Berachot (Segen) hinzugefuegt.

Ein rituelles Haendewaschen (mit Segen) vor dem Essen ohne Brot gibt es nicht. In dem Falle waschen wir uns ganz normal die Haende unter dem Wasserhahn.

Seit fruehesten Tempelzeiten waschen Juden zu allen moeglichen Gelegenheiten aus Reinheitsgruenden ihre Haende. Im Europa des Mittelalters verdaechtigte nicht selten die christliche Bevoelkerung die Juden der Magie. Wieso werden sie nicht so haeufig von der Pest und dem Aussatz befallen wie die nichtjuedische Bevoelkerung ? Das Buch von Rabbi Joshua Trachtenberg, "Jewish Magic and Superstition" - A Study in Folk Religion, gibt sehr viel Aufschluss ueber diese historische Tatsache.

Den Juden war es von jeher vorgeschrieben vor dem Essen ihre Haende zu waschen. Ob rituell oder nicht, ob mit Segen oder ohne. Andere dagegen hielten nichts von Hygiene und wurde so zu lebendigen Krankheitsuebertraegern.

Vielleicht sollte erwaehnt werden, dass die Chassidim dem Haendewaschen am Morgen besondere Bedeutung beimessen. Sie stehen nicht wie andere auf uns gehen ins Bad, sondern haben immer eine gefuellte Schuessel mit Wasser und ein Natlah neben dem Bett stehen, um sich gleich nach dem Aufwachen die Haende zu waschen.

Das Haendewaschen findet uebrigens nach jedem Schlaf statt. Sei es am Morgen oder waehrend des Tages. Sobald sich jemand hinlegt und fuer mindestens 15 Minuten einschlaeft, ist er nachher zum Haendewaschen verpflichtet.

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